Michael Schaefer
Vorbilder_Tina_Bara
Vorbilder von Michael Schaefer
Tina Bara: Text zur Ausstellung Es wird nie wieder sein wie es einmal war, Galerie Huebner&Huebner, Frankfurt, 2009
Michael Schäfer setzt sich wiederholt mit bestimmten medialen Bildern unserer alltäglichen Nachrichtenmagazine auseinander, untersucht deren Konstruktion und Wirkungspotential, um Fragen zu stellen, welche die Konstituierung von Machtverhältnissen und Produktion von gesellschaftlichen Stabilitätsversprechungen in der zeitgenössischen europäischen Politik und Ökonomie thematisieren. Michael Schäfer nennt seine neue Bildserie „Vorbilder“ – womit er gleichermaßen einen die Fotografie reflektierenden medialen Bilddiskurs meint, als auch einen ideellen Gesellschaftsdiskurs anreißt. Auf welche Bilder stützen sich unsere formatierten Vorbilder und was verkörpern diese bzw. wen oder was stellen sie dar? Zu sehen sind großformatige Figuren, jeweils zwei Personen in einer Handlung begriffen, die in ihrer Darstellung und Präsenz geradezu aufdringlich bekannt erscheinen, dynamisch und energetisch aufgeladen den Bildraum beherrschen. Durch die vollkommene Dekontextualisierung und gestische Dramatik innerhalb der Aktion der Akteure wird der Betrachter mit einer gewissen Heftigkeit und Ungewissheit konfrontiert.
Bild- und Denkraum, den der Künstler mit seinen auf den ersten Blick bekannten, dann verunsichernden Bildkonstruktionen eröffnet, ist überraschend komplex. Die Eindeutigkeit des Gezeigten verunsichert auch den medial Nichtspezialisierten sofort. Große Teile der Bilder, meistens die räumlichen Hintergründe überlagern sich mit dem Druckraster, das die Großvergrößerung und die Herkunft aus den Printmedien verrät, in welches sich bestechend scharf fotografierte, durchgezeichnete Köpfe, Körperteile, mitunter auch Interieur einfügt, als würden sie obsessiv eine Wirklichkeit beanspruchen, die sie längst verlassen haben bzw. die es gar nicht gibt. Weder Angela Merkel, noch Schäuble, noch ein VW Manager sind auf diesen Bildern zu sehen, auch wenn sie mehr oder weniger deutlich wie Bildschablonen hervorschimmern. Michael Schäfer arbeitet mit namenlosen Statisten, die er so fotografiert, dass sie sich fast deckungsgleich mit ihren Vorbildern verbinden. Dabei lässt er jedoch Ecken, Kanten und Fehler zu, so dass der Trick sozusagen öffentlich, der Betrug zum Thema wird. Die Statisten erscheinen wirklicher als das „wirkliche“ Bild, das ein Fotograf im Auftrag eines Magazins an den Schaltstellen der Macht aufgenommen hat. Durch Isolierung, Vergrößerung und mediale Überarbeitung im Sinne einer Collage bekommen die Figuren teilweise portraitbildhafte, verallgemeinerbare Züge, die dem vorbildlichen zeitgenössischen Menschenbild medial eingeschrieben werden - zur Nachahmung, zur Verkörperung. Die Möglichkeit des Nicht-Stimmens bzw. die Unheimlichkeit dieser Praxis wird mit theatralischen, performativen und medienreflexiven künstlerischen Methoden vorgeführt, thematisiert und mehrfach kritisch gebrochen.
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